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Barrierefreier Tourismus braucht neuen Schwung

Eine magere Bilanz hat die Ampelkoalition in der vergangenen Wahlperiode bei der Entwicklung des barrierefreien Tourismus hinterlassen. Darüber sowie über ihre Erwartungen und Forderungen an die neue Bundesregierung und deren Koalition aus CDU/CSU und SPD in der 21. Wahlperiode hat sich die Arbeitsgruppe Tourismus des Deutschen Behindertenrates (DBR) in ihrer Sitzung am 11. Juli 2025 verständigt. Das Ergebnis fasst André Nowak, stellv. Vorsitzender des ABiD-Instituts Behinderung & Partizipation e.V. (IB&P) sowie Sprecher der DBR-AG Tourismus wie folgt zusammen:

  1. Wir brauchen neuen Schwung, um den barrierefreien Tourismus wirksamer im Interesse der Betroffenen, der Tourismuswirtschaft sowie aller weiteren am Tourismus beteiligten Personen und Institutionen zu entwickeln. Darauf wird auch in einer aktuellen Studie zum Reiseverhalten von Menschen mit Behinderungen verwiesen. Der Aufbruch muss jetzt, fünf Monate nach der Bundestagswahl und zwei Monate nach der Regierungsbildung kommen.
  2. Konkrete Vorhaben und Ziele zur Entwicklung des barrierefreien Tourismus sind im Koalitionsvertrag und in den bisherigen Verlautbarungen vom für Tourismus zuständigen Bundeswirtschaftsministerium (BMWE) und den Koalitionsfraktionen nicht genannt. Zu den wenigen Worten im Koalitionsvertrag zu den Themen Tourismus und Inklusion sehen wir Diskussionsbedarf. Deshalb halten wir ein zeitnahes Gespräch mit der Bundesministerin Katherina Reiche und ihrem Tourismuskoordinator, MdB Dr. Christoph Ploß, für erforderlich und sinnvoll. Wir erwarten, dass es hier zu regelmäßigen Gesprächen und einer kontinuierlichen Zusammenarbeit kommt (Anmerkung: Mit dem Vorgänger, Dr. Robert Habeck gab es kein einziges Gespräch; mit seinem Tourismuskoordinator MdB Dieter Janecek nur ein Gespräch mit Spitzenvertretern des DBR am 31.03.2023.).
  3. Laut Koalitionsvertrag soll (wie schon in den vorherigen Wahlperioden) eine neue nationale Tourismusstrategie erarbeitet werden. Wir erwarten, dass dabei auch das Thema des barrierefreien Tourismus in den Fokus gerückt wird. Der DBR hat hierfür mit seinem Positionspapier vom April 2023 gute Vorschläge auf den Tisch gelegt. Wir schlagen vor, noch im Jahr 2025 unter Federführung des BMWE und Mitwirkung der DBR-AG Tourismus eine Fachkonferenz zur Entwicklung des barrierefreien Tourismus durchzuführen.
  4. Am 22. Juni 2025 hat kobinet-nachrichten.org – der Nachrichtendienst von und mit behinderten Menschen für Menschen mit Behinderungen und ihre Freunde – eine Presseanfrage an die tourismuspolitischen Sprecher/innen der Bundestagsfraktionen gerichtet. Geantwortet haben bisher (in zeitlicher Reihenfolge) die Fraktionen der Grünen, der Linken und der SPD, die Antwort der CDU/CSU steht noch aus.
    Vor allem die ausführliche Antwort von MdB Stefan Zierke (SPD) zeigt, dass es sehr unterschiedliche Ansichten über die Einbindung von Menschen mit Behinderungen und deren Organisationen in die Arbeit an dem Thema barrierefreier Tourismus gibt. Hier sehen wir Gesprächsbedarf. Neben einer engeren Zusammenarbeit mit dem BMWE halten wir die Einbeziehung der DBR-AG in die Arbeit des Tourismusausschusses (als Sachverständige bei Themen, die auch Menschen mit Behinderungen betreffen) für erforderlich. Hilfreich wäre ebenso eine Mitgliedschaft der DBR-AG im Tourismusbeirat des BMWE sowie in Gremien der DZT und weiterer großer Tourismusverbände.
  5. Eine zentrale Rolle spielt das Kennzeichnungs- und Informationssystem „Reisen für Alle“ (RfA). Auf Betreiben des bisherigen BMWK fand bei diesem Projekt zum 01.01.2024 ein Trägerwechsel hin zur Bayern Tourist GmbH (BTG) statt. Bis heute gab es keine substanziellen Gespräche zwischen der BTG und der DBR-AG Tourismus. Die Arbeit der BTG ohne Einbeziehung der Betroffenenvertretung ist für uns nicht akzeptabel.
    Unter aktiver Mitwirkung der AG Tourismus wurde in einer Facharbeitsgruppe RfA im Rahmen der „Bundesinitiative Barrierefreiheit“ (BI) ein Papier zu Veränderungen im Projekt erarbeitet. Dieser Abschlussbericht wurde in der Beiratssitzung der BI am 9. April 2025 verabschiedet. Wir erwarten, dass die dort aufgelisteten Punkte zeitnah mit dem BMWE und allen am Projekt beteiligten Akteuren diskutiert bzw. umgesetzt werden. Hierzu gehört, dass endlich der Projektbeirat gebildet und konstituiert wird.
  6. Seit vielen Jahren erhält die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT) aus dem Bundeshaushalt 40.000 Euro für die Durchführung (des ursprünglich von der NatKo initiierten) Tages des barrierefreien Tourismus (TdbT) auf der ITB in Berlin. Hier wirkt die DBR-AG aktiv mit. Wir halten es für erforderlich, das Thema wirksamer auf der ITB zu platzieren. Entsprechende Vorschläge gibt es von unserer Seite hierzu seit zwei Jahren. Notwendig sind dafür der gemeinsame Wille, ein Spitzengespräch zwischen BMWE, DZT, Messe Berlin und der DBR-AG Tourismus sowie ein höherer finanzieller Rahmen für den TdbT auf der ITB.

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